Elisa Bodenstab, Perpetuum Mobility e.V.: Was ich bewegen kann? Na, ganz einfach: mich!

Datum: 14.09.2020 17:00 Uhr

miterago im Gespräch mit Elisa Bodenstab, Gründerin des Vereins Perpetuum Mobility e.V. und Mitinhaberin des Labels Blauer Leben.

miterago: Danke, Frau Bodenstab, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Ihren Verein "Perpetuum Mobility" und dieses Portal verbindet das große Thema Nachhaltigkeit. Den Besuchern dieser Seiten möchten wir hier Ihre Herangehensweise genauer vorstellen. Zunächst die Frage, wie kam es zu dem ungewöhnlichen Vereinsnamen, was bedeutet er?

Elisa Bodenstab: Der Name "Perpetuum Mobility" entstand auf Basis des lateinischen Begriffs "perpetuum mobile". Dieser beschreibt ein Konstrukt, das einmal in Gang gesetzt ohne weitere Energiezufuhr ewig in Bewegung bleibt. Und so denken wir auch. Wenn man einmal gestartet ist, dann läuft es von allein. Da wir auch Veranstalter internationaler Projekte sind, haben wir das Konstrukt mit dem Mobilitäts-Aspekt verbunden. Diese ist Grundlage zum vernetzen, austauschen und gemeinsamen kreieren.

miterago: Was hat Sie in Bewegung gesetzt und dazu geführt diesen Verein zu gründen?

Elisa Bodenstab: Anfang 2018 war ich auf einem internationalen Jugendprojekt in den Haag. Dabei ging es darum, unter bestimmten Voraussetzungen eine utopische Welt zu erschaffen. Mit um die 30 Teilnehmern aus verschiedenen Ländern haben wir diskutiert, Rollenspiele gespielt, gebastelt und vernetzt. Obwohl dies nicht das klassische Schullernen war, habe ich so motiviert an etwas gearbeitet wie noch nie zuvor. Und diese Motivation, die durch diese etwas andere Art zu lernen entstanden ist, wollte ich gerne an andere weitergeben. In Kombination mit meiner Leidenschaft für das Thema Nachhaltigkeit ist so unser Verein entstanden.

miterago: Was macht "Perpetuum Mobility", wie würden Sie seine Aktivitäten beschreiben?

Elisa Bodenstab: Wesentlich ist sicherlich das spielerische Lernen. Spielerisches Lernen ist ein kleiner Teil vom Bereich "Non-formale Bildung". Der Kern dieser Methodensammlung ist, dass der freiwillig Lernende und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Die Methoden sind daher bei jeder Gruppe unterschiedlich und sollten flexibel angepasst werden können. Egal ob Kennenlernspiele, Gruppendiskussionen, DIY(Do It Yourself)-Aktivitäten oder Reflektionen - es geht um das Lernen durch Erfahrungen und darum, einen Raum für persönliche Weiterentwicklung zu schaffen. Bei jedem Workshop legen wir am Anfang die Ziele gemeinsam fest, damit ich als Trainerin genau weiß, was die Leute genau lernen möchten. Danach erarbeiten wir uns die Inhalte gemeinsam. Was mich daran jedes Mal wieder begeistert, ist die Kreativität der Menschen und welche Motivation entsteht, wenn man sich selbst Wissen und Strategien erarbeitet. Besonders in Bezug auf Umweltbildung ist das perfekt. Denn Verhalten, für das man sich bewusst entscheidet, ist nachhaltiger und dauerhafter, als ein von außen aufgedrängtes.

miterago: Einmal in Bewegung gesetzt, wird dieses Verhalten beibehalten. So wird der Gedanke, der im Vereinsnamen steckt, also ganz praktisch umgesetzt. Mit diesem Ansatz ergänzt "Perpetuum Mobility" das Umweltbildungsangebot?

Elisa Bodenstab: Ja, Umweltbildung wird in allen Bereichen ein immer wichtigeres Thema. Besonders im Freizeit-Bereich und auf den sozialen Medien gibt es ein Angebot, das man mittlerweile kaum noch übersehen kann. Vorträge, Cleanups, Workshops und Netzwerktreffen gibt es nicht mehr nur in Großstädten, sondern auch in ländlichen Gebieten. Dazu kommen zahlreiche Online-Vorträge und Webinare, die zumeist kostenfrei zugänglich sind. Wer sich informieren und aktiv werden möchte, hat auf jeden Fall die Möglichkeit dazu. Wirklich angesprochen fühlen sich aber meist nur die Menschen, die sowieso schon am Thema interessiert sind. Wie also erreicht man die breite Masse? Ein guter Start sind Schulen. Wenn man Kindern und Jugendlichen den Zustand unserer Meere, Wälder und Natur auf emotionale Art und Weise näher bringt und den Zusammenhang mit unserem Verhalten darstellt, gibt es kein größeres Potential Bewusstsein zu schaffen. Umweltbildung als festen Bestandteil des Lehrplans einzubinden oder zumindest Projektwochen, Arbeitsgemeinschaften oder Thementage entsprechend anzubieten, sind nur einige Ansatzpunkte. Auch in der Unternehmenswelt fehlen Zusatzangebote. Interne Mitarbeiterfortbildungen im Bereich Umweltbildung oder auch Team-Building-Events können nicht nur das Bewusstsein für unser Handeln, sondern nebenher auch den Zusammenhalt im Unternehmen stärken. Wenn diese zudem komplett nachhaltig organisiert werden, hat man das beste Beispiel für nachhaltiges Handeln geschaffen.

miterago: So werden dann Umsetzen und Lernen zusammen gebracht? Wie ist das praktisch möglich? Setzt das eine nicht zwingend das andere voraus, also erst lernen, dann umsetzen?

Elisa Bodenstab: Ja, sicherlich. Umweltbildung ist Schritt 1, Infrastruktur Schritt 2. Dieser 2. Schritt kann aber auch wieder Vorbildfunktion übernehmen. Am Beispiel wird es vielleicht deutlich: Wenn ich meinen Kaffee in einem mitgebrachtem Becher statt in einem To-Go-Becher haben möchte, ist das super. Dass das Geschäft auch mitmacht, ist notwendig, damit es funktioniert. Gleichzeitig zeigt es seiner Kundschaft, dass To-Go-Becher ein Problem sind und bietet die Alternative an, könnte dies obendrein mit einer Hinweistafel bewerben, so und so viele Becher, Rohstoffe, CO2, etc. schon eingespart, also aktiv Umweltbildung betreiben. Und das betrifft alle Bereiche: Mobilität, Energie, Kleidung, Lebensmittel, Freizeit. Als Kunde hier informiert zu sein, ist eine gute Voraussetzung. Man kann Mehrweg-Systeme erklären, Wünsche äußern oder auf Quellen hinweisen, auf denen detailliertere Informationen angeboten werden. Als Anbieter muss man jedoch den letzten Schritt zur strukturellen Umsetzung gehen. Und hier können Anreize geschaffen werden. Weniger Verpackungen bedeuten weniger Kosten. Carsharing-Angebote bedeuten eine Entlastung der Straßen und sogar höhere Kaufkraft der Verbraucher. So könnte man in jedem Bereich durch kreative Kombinationen das bestmögliche Ergebnis mit Vorteilen für Umwelt, Menschen und Wirtschaft erzielen.

miterago: Wo es an Nachhaltigkeit mangelt, helfen das Wissen um Zusammenhänge und die Phantasie, wie es besser sein könnten. Mit der richtigen Methode treten die notwendige Kreativität und Ausdauer für Veränderungen zutage. Könnte man so die inhaltliche Arbeit von "Perpetuum Mobility" zusammenfassen?

Elisa Bodenstab: Die Beschreibungen passen schon ganz gut. Ergänzen möchte ich den Bereich "Best Practices". Das Gute an der Nachhaltigkeit ist ja, dass man das Rad nicht neu erfinden muss. In Deutschland, Europa und weltweit gibt es sogenannte "Best Practices", Anwendungsbeispiele, die bereits funktionieren. Egal, ob das ein Sammel- und Recyclingsystem für Zigarettenkippen oder eine Initiative für die Verwendung von Mehr-Weg Behältnissen ist - was woanders funktioniert, kann auch hier funktionieren. Unsere Aufgabe als Verein ist es u.a. diese "Best Practices" vorzustellen, zu erklären, gegebenenfalls anzupassen und umzusetzen.

miterago: Frau Bodenstab, vielen Dank für die Vorstellung Ihrer Arbeit und viel Erfolg weiterhin!

Elisa Bodenstab: Danke, das wünsche ich auch dem Nachhaltigkeitsportal miterago!